Sanierte Kleinode und Sorgenkinder Guts- und Herrenhäuser in Mecklenburg
Etwa 2000 Guts- und Herrenhäuser gibt es in Mecklenburg-Vorpommern, davon stehen etwa 500 in den Landkreisen Rostock und Nordwestmecklenburg. Viele von ihnen sind nach der Sanierung zu Kleinoden geworden,
wie das Schlossgut Groß Schwansee
(Foto). Einige wenige sind jedoch vom Verfall bedroht.
Herrschaftliche Wohnsitze
2000 Guts- und Herrenhäuser gibt es in etwa in Mecklenburg-Vorpommern, etwa 1000 stehen unter Denkmalschutz, davon sind rund 20 Prozent vom Verfall bedroht.
350 Guts- und Herrenhäuser befinden sich im Landkreis Rostock, davon sind 307 denkmalgeschützt. Im Bestand gefährdet oder vor dem Abriss stehen 17.
112 schützenswerte Gutsanlagen, Guts- und Herrenhäuser sind es im Landkreis Nordwestmecklenburg. Hinzu kommen Gutshäuser, die keine Denkmäler sind.
Das Schloss Gamehl (Foto) bei Wismar war
Mittelpunkt einer großen Gutsanlage,
wurde vor dem Verfall gerettet und saniert. Heute befindet sich in dem Gebäude ein Hotel.
Alleinstellungsmerkmal für Mecklenburg-Vorpommern
"Im gesamten europäischen Raum gibt es keine solche Dichte an Guts- und Herrenhäusern wie in Mecklenburg-Vorpommern", sagt Rolf-Peter Bartz. Er ist der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Erhaltung und Nutzung der Gutsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern. "Es ist ihre Vielzahl und Vielfalt, die unserem ländlichen Raum ein Gesicht geben."
340 Mitglieder zählt die AG Gutsanlagen. „Wir freuen uns über viele Objekte, die in den letzten Jahren gerettet wurden“, sagt Rolf-Peter Bartz, der selbst als Lehrer zusammen mit Schülern vor knapp 50 Jahren den Abriss der Thünenschen Gutsanlage in Tellow (Foto) verhinderte.
Was mit den Guts- und Herrenhäusern passiert, hängt von den Eigentümern ab. Es folgen sechs Beispiele aus den Landkreisen Nordwestmecklenburg und Rostock.
Gutshaus Stellshagen Enkelin eröffnet Biohotel Von Michael Prochnow
In Sichtweite von Schloss Bothmer, der größten barocken
Schlossanlage Mecklenburgs, liegt das Gutshaus Stellshagen (Landkreis Nordwestmecklenburg). Seit 2006 ist es im
Besitz von Gertrud Cordes, der Enkelin der früheren Eigentümer, die nach Ende
des Zweiten Weltkrieges enteignet worden waren. Die Unternehmerin hat das
Gutshaus aufwendig sanieren lassen, jetzt befindet sich ein Biohotel in den Gebäuden.
Stammgast seit vielen Jahren ist übrigens Mecklenburg-Vorpommerns
Finanzminister Mathias Brodkorb. Das Gutshaus war bis zur Wende eine
Sonderschule, stand nach 1990 einige Jahre leer, bis es wieder in den
Familienbesitz überging.
Gutshaus Bröbberow Mit Tagespflege zieht wieder Leben ein Von Christina Milbrandt
Das alte Gutshaus in Bröbberow (Landkreis Rostock) bei Schwaan stand lange Zeit leer, bot
keinen schönen Anblick. Dann kamen Annegret Gaulke und ihr Team. Sie
verwandelten das brachliegende Gebäude in eine Tagespflege für Senioren, die
„Hartlich Stuuv“. Um es so herzurichten, dass es den Ansprüchen einer
Pflegeeinrichtung gerecht wird, wurde monatelang von früh bis spät gearbeitet.
Im Mai 2017 wurde Eröffnung gefeiert.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Tagesgäste haben
einen großen Gemeinschaftsraum, zwei Ruheräume, mehrere Bäder - darunter auch
ein großes Pflegebad - einen Entspannungsraum, ein Pflegebett und eine große
Küche zur Verfügung. Das Team hat bei der Sanierung und Einrichtung darauf
geachtet, dass neben den modernen Standards das historische Flair des
Gutshauses nicht komplett verloren geht. So gibt es in allen Räumen auch
Einrichtungsgegenstände, die noch so einiges aus der Geschichte der Gemeinde
berichten können. Unter anderem einen alten Schrank, der früher einmal im Bürgermeisterbüro
stand. Und auch die Wanddekoration stammt teilweise noch aus dem Fundus des
alten Gutshauses.
Gutshaus in Warkstorf Sanierung mit historischem Material Von Sylvia Kartheuser
Ohne Reingard Berger würde das Gutshaus in Warkstorf bei
Wismar (Landkreis Nordwestmecklenburg) vermutlich nicht mehr stehen. Als die 62-Jährige 2007 eine Hälfte des
Gebäudes von der Gemeinde Benz kaufte, war die Rückwand offen, der
Mittelrisalit an der Gartenseite abgetragen. „Die Tragbalken hingen in der Luft
und hatten keine Auflage mehr“, erinnert sie sich.
Nach einigem Hin und Her mit einer Erbengemeinschaft gelang
es Reingard Berger, auch die zweite Hälfte des Hauses zu kaufen, mit dessen Bau
1695 begonnen wurde. Es wurde immer wieder verändert und stammt mittlerweile
größtenteils aus dem Jahr 1840.
Stück für Stück geht die Sanierung voran, ein Ende ist aber
noch nicht in Sicht. Denn die Hausbesitzerin hat ein ehrgeiziges Ziel: Sie will
möglichst alles mit historischem Material aus dem 19. Jahrhundert
sanieren. Und das gelingt. „Manchmal habe ich das Gefühl, dass mich die
Baustoffe regelrecht suchen“, sagt Reingard Berger. So zum Beispiel historische
Kastenfenster von 1870, die ursprünglich in der Schweriner Schelfstadt verbaut
waren.
An Ideen für eine Nutzung fehlt es der Hausbesitzerin nicht.
Im Obergeschoss sollen Zwei-Zimmer-Wohnungen entstehen. „Und die großen Räume
im Erdgeschoss können Familien für Feiern buchen.“
Gutshaus Johannstorf Filmkulisse für "Das weiße Band" Von Jürgen Lenz
Das seit Mitte der 1990er Jahre
leerstehende Gutshaus in Johannstorf (Nordwestmecklenburg) wird auf Drängen der
Stadt Dassow gegen den weiteren Verfall gesichert und Schritt für Schritt
saniert. So haben es die Kommune, zu der Johannstorf gehört, und die
schleswig-holsteinische Eigentümerin nach einem Prozess in einem gerichtlichen
Vergleich vereinbart. Die Sicherungs- und Sanierungsarbeiten am Herrenhaus
begannen 2014. Die Eigentümerin versicherte, sie werde sich an die Abmachung
mit der Stadt halten. Die Arbeiten gehen seitdem nach Einschätzung von
Einwohnern des Dorfes und Dassower Kommunalpolitikern eher schleppend voran. Die
Nebengebäude der denkmalgeschützten Gutsanlage wurden bisher nicht saniert. Sie
befinden sich mittlerweile in einem teils ruinösen Zustand.
Weit über Mecklenburg hinaus bekannt wurde das oftmals "Schloss" genannte Gutshaus in Johannstorf 2009 als Drehort des
Spielfilms "Das weiße Band". Das Werk des österreichischen Regisseurs
Michael Haneke erhielt bei den internationalen Filmfestspielen in Cannes die
Goldene Palme.
Gebaut wurde das Herrenhaus 1743 nach Entwürfen von von Rudolph
Matthias. Das Gut gehörte zu dieser Zeit der Familie Schack von Buchwald.
1782 erwarb die Familie Eckermann das Gut. Sie wurde 1945 enteignet.
Gutshaus Rambow Abriss eines maroden Gutshauses
Nicht zu retten war 2017 das Gutshaus in Rambow in der Gemeinde Dorf Mecklenburg. Es wurde abgerissen. „Das hat mich sehr bewegt“, sagt Rolf-Peter-Bartz, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft zur Erhaltung und Nutzung von Gutsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern. Auch wenn es nicht unter Denkmalschutz gestanden habe, hatte es für die Menschen im Dorf einen Wert.
Das Gutshaus stand seit Jahren leer. Hier hatte sich kein Investor gefunden, um das marode Haus zu sanieren.
Gutshaus Danneborth Abrissgenehmigung liegt vor
Vor dem Abriss steht das Gutshaus in Danneborth bei Neubukow. Der Verwalter hatte 2016 einen Antrag auf Abriss der Gutsanlage gestellt, der im November 2017 genehmigt wurde.
Laut dem Landkreis Rostock wäre für eine Sanierung eine Totalentkernung notwendig, nur die Gebäudehülle würde stehen bleiben. Das würde einen Denkmalstatus nicht mehr rechtfertigen.
Notfall-Fonds für Sorgenkinder
Damit es gar nicht erst zum Verfall und Abriss von Gutsanlagen kommt, setzt sich die AG Gutsanlagen für Notsicherungen ein, hat 2016 eine Resolution verabschiedet. Darin fordert sie eine Finanzierung für „Ersatzvornahmen von Denkmalnotsicherungsmaßnahmen“ aus dem Landeshaushalt. Denn wenn der Eigentümer seiner Erhaltungspflicht nicht nachkommt, kann die Untere Denkmalschutzbehörde selbst Sicherungsmaßnahmen durchführen lassen – die sogenannten "Ersatzvornahmen", die dann dem Eigentümer in Rechnung gestellt werden. Dafür müssen die Behörden in Vorleistung gehen. Die AG Gutsanlage fordert vom Land, den Unteren Denkmalschutzbehörden dafür finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.
Die Gutsanlage in Pötenitz (Foto von 2012) verfällt seit Jahren.
80 Prozent der Denkmäler saniert
Etwa 80 Prozent der rund 1000 unter Denkmalschutz stehenden Gutsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern sind laut dem Kultusministerium in Schwerin saniert. Von den gefährdeten Anlagen seien etwa 50
denkmalgeschützte Häuser akut vom Verfall bedroht.
Ein
von der Landesregierung aufgelegter Notsicherungsfonds ist nicht geplant, teilt das Kultusministeirum mit, verweist aber auf finanzielle Mittel des Landes, die für
Maßnahmen zum Erhalt von bedrohten Baudenkmalen zur Verfügung stehen.
Die Landkreise
und kreisfreien Städte kämen als Untere Denkmalschutzbehörde der Aufgabe
gewissenhaft nach, zu prüfen, welche Schritte erforderlich sind, um Denkmale zu
schützen, zu erhalten und Gefahren von ihnen abzuwenden. Zudem sei der Landtag dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD
„Kulturdenkmäler des Landes bewahren – Denkmalschutz verbessern“ gefolgt.
Dieser sehe unter anderem vor, die Denkmalpflege als einen Schwerpunkt in der der
nächsten EU-Förderperiode zu berücksichtigen.