Der große OZ-Vergleich Nordrussland oder Norddeutschland: Wo lebt es sich besser? Von Uliana Bondarenko
Unendliche Weiten einerseits, überschaubare Landschaften andererseits: Die russische Journalistin Uliana Bondarenko wuchs in der nordrussischen Taiga auf. Derzeit macht sie ein Praktikum bei der OSTSEE-ZEITUNG in Rostock, wo sie den Norden Deutschlands kennenlernte. Daher kann sie beide Regionen vergleichen.
Fischeis statt Fischbrötchen
In Nordrussland wird wie in Norddeutschland viel Fisch gegessen. Aber statt Fischbrötchen steht Stroganina - frisch gefrorener Fisch in dünne Streifen geschnitten - hoch im Kurs.
Beeren als Beilage
Eine weitere nordrussische Spezialität ist Hirsch. Und als Beilagen werden meist Preiselbeeren, Moosbeeren, Moltebeeren (Foto) oder Pilze gereicht.
Foto: Valerij Yegorow
Bonus für's Bleiben
In den Regionen mit einem extrem harten Klima erhalten die Arbeitnehmer vom Staat einen „Nord-Bonus“. Das bedeutet einen längeren Urlaub (40 Tage statt 28), einen früheren Rentenbeginn und einen Zuschlag zum Gehalt. Trotzdem ziehen die Russen aus dem Norden weg.
Viel Arbeit für wenig Geld
Während die Arbeit in Nordrussland vom Staat gefördert wird, sind die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern benachteiligt: Sie arbeiten mehr als in allen anderen Bundesländern und verdienen deutschlandweit am wenigsten. Und die Zahl der Urlaubstage liegt zwischen 21 und 25 Tagen – nur rund halb so hoch wie in Nordrussland.
Reizende Rentiere
Rentiere sind in Nordrussland sehr geschätzt und stehen sogar unter Schutz. Eine winterliche Attraktion sowohl für die Touristen als auch für die Einheimischen ist einen Fahrt mit den Schlitten mit Rentiere. Es gibt auch zahlreiche Rentierparks, wo man sich um sie kümmert. Die Gäste dürfen dort die Tiere füttern.
Stolze Adler
In Norddeutschland ist man dagegen stolz auf den Seeadler, das deutsche Wappentier. Anfang des 20. Jahrhunderts war er in fast ganz Deutschland ausgerottet - nur im heutigen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg überlebte er. Heute fühlt er sich vor allem in den Nationalparks wohl.
Foto: Ralf Ottmann
Ganz klein statt ganz groß
In Schleswig-Holstein liegt Arnis, die mit 0,45 Quadratkilometern flächenmäßig kleinste Stadt Deutschlands. Derzeit leben dort 280 Menschen.
Riesiges Norilsk
Im Norden Russlands wiederum liegt die größte Stadt des Landes: Norilsk ist mehr als vier Mal so groß wie Moskau und genau 10 000 Mal größer als Arnis - 4500 Quadratkilometer. Die Einwohnerzahl der nördlichsten Stadt der Erde liegt bei 178 000.
Foto: Richard Schelton
Winter bis in den Sommer
Das Klima ist sowohl in Nordrussland als auch in MV kontinental-gemäßigt. Aber in Russland dauert der Winter ein klein wenig länger - man spricht von acht winterlichen Monaten im Jahr. Auch im Juni liegt manchmal noch Schnee. Fast jeden Winter bekommen die Schüler bei starkem Frost kältefrei: Ab minus 30 Grad dürfen sie zu Hause bleiben.
Sonne bringt Wonne
Schnee gibt es in Norddeutschland relativ selten, und dann auch meist nur im Januar und Februar - der Winter 2017/18 war da eine eisige Ausnahme. Im Sommer kann es dafür richtig heiß werden, was natürlich die Urlauber freut. Oder es regnet den ganzen Sommer durch, wie 2017.
Foto: Christoph Jahn
Beliebtestes Reiseziel
In Deutschland sind
Nord- und Ostsee trotz ihrer meist kühlen Temperaturen bei Touristen sehr gefragt. Kein Wunder, sind sie doch die einzigen Meere des Landes.
Mecklenburg-Vorpommern mit Badeorten wie Warnemünde oder Kühlungsborn und den Inseln Rügen und Usedom ist sogar das beliebteste Sommerreiseziel des Landes.
Foto: Bernd Wüstneck
Weiße Nächte und viel Natur
Der russische Norden war bisher kein beliebtes Reiseziel, weil es dort kein warmes Meer gibt - der wichtigste Faktor für Russen im Urlaub. Aber auch Kultur- und Wandertourismus nimmt zu. In Karelien und Komi liegen viele Naturschutzgebiete und Nationalparks. Beliebt sind in Nordrussland die „weißen Nächte“ rund um die Sommersonnenwende, die sogar noch spektakulärer sind als in St. Petersburg.
Dialekte und Sprachen
Die niederdeutsche Sprache wird auch Plattdeutsch genannt. Viele Kinder lernen es sogar (wieder) in der Schule. Im Teilen Schleswigs wird daneben noch Dänisch und Nordfriesisch gesprochen. Dort gibt es sogar zweisprachige Ortsschilder.
Foto: Tina Jordan
Denkmal für einen Umlaut
Auch in Nordrussland gibt es Dialekte. In der Republik Komi wird außer Russisch noch Komi gesprochen. Deswegen gibt es dort ebenfalls zweisprachige Ortsschilder. Und dem Umlaut, den es in Komi, aber nicht im Russischen gibt, wurde sogar ein Denkmal errichtet.
Heißer Sommer hier wie dort
Übrigens kann es im Sommer auch im Norden Russlands richtig heiß werden – heißer sogar noch, als es im Supersommer 2018 in Norddeutschland war. Auf jeden Fall lohnt es sich, beide Regionen einmal zu besuchen. So kann man sich selber ein Bild machen.